Albert Clifton Ammons wurde als erstes von drei Kindern am 23. September 1907 in Chicago, Illinois geboren. Ungefähr im Alter von 10 Jahren begann er von seiner Mutter Klavier zu lernen. Ein paar Jahre später begegnete er an der Mittelschule Meade "Lux" Lewis, der ebenfalls Klavier spielte. Al's Vorteil war, dass er zuhause auf dem Klavier seiner Mutter üben konnte, wodurch er schneller lernte als Meade. Beide waren von den Chicagoer Blues Pianisten Hersal Thomas, den Brüdern Alonzo und Jimmy Yancey sowie Jimmy Blythe begeistert. Bereits im Alter von 17 Jahren heiratete Albert die um ein Jahr jüngere Lila Kay Sherrod. Kurz danach kam 1924 ihr Sohn Edsel zur Welt. Ihr zweiter Sohn Gene wurde ein Jahr später geboren. Dank ihrer klassischen Klavierausbildung lehrte und verbesserte seine Frau Albert's Klavierspiel nachhaltig. Zweifellos hatte Lila einen großen Anteil an Al's Karriere.
State Street, Chicago um 1910
Um 1925 arbeitete er gemeinsam mit Meade im gleichen Taxiunternehmen. Am Ende der 1920er-Jahre lebten die beiden Freunde im gleichen Wohnhaus wie Clarence “Pinetop” Smith's Familie. Aus dessen Pine Top's Boogie Woogie verwendete Ammons wertvolle Phrasen in seiner bekannstesten Komposition Boogie Woogie Stomp. Während der 1920er-Jahre war Albert ein gesuchter "rent party pianist". "House rent party" war eine soziale Veranstaltungsform, um die überteuerten Mieten der Wohnungen bezahlen zu können. Es wurden ein Pianist oder eine Band eingestellt und Freunde, Bekannte und Nachbarn eingeladen. Wer zu diesen Partys kam, musste Eintritt zahlen, mit dem die Mieten finanziert wurden. Zu dieser Zeit war Ammons schon mit Bands in der Chicagoer Clubszene unterwegs.
Albert Ammons And His Rhythm Kings im Club DeLisa 1935:
Bobby Hicks (t), Jimmy Hoskins (dr), Delbert Bright (sx), Albert Ammons (p), Ike Perkins (g) und Lawrence Sims (b)
Seine erste eigene Band stellte er 1934 zusammen. Mit seinen “Rhythm Kings” spielte er sehr erfolgreich im angesehenen Club “DeLisa” in Chicago. Nach zwei Jahren beendeten “Albert Ammons And His Rhythm Kings” ihre Auftritte im “DeLisa” und veröffentlichten ihre ersten gemeinsamen Schallplattenaufnahmen (Boogie Woogie Stomp, Nagasaki, …).
Ende des Jahres 1938 wollte der vermögende Produzent und Jazzkritiker John Hammond seine Idee von der Präsentation der besten schwarzen Musiker des Landes in einem Konzert mit dem Titel “From Spirituals To Swing” in der New Yorker Carnegie Hall verwirklichen. Al, sein Freund Meade sowie der Boogiepianist Pete Johnson waren zu diesem Konzert geladen und spielten sowohl solo als auch miteinander – übernacht waren die "Boogie Woogie Boys" geboren und die Amerikaner verrückt nach Boogie Woogie.
mit Pete Johnson
Ein paar Tage später zu Jahresbeginn 1939 spielte Ammons, der das Rückgrat des Trios bildete, mit dem Trompeter Harry James einige Aufnahmen (Woo Woo) ein. Für Ammons und Pete Johnson begann nun eine intensive, über Jahre dauernde Zusammenarbeit im Café Society in New York und auch für Radioaufnahmen im Sherman Hotel in Chicago. Oft spielten sie gemeinsam im Trio mit Lewis und/oder dem Blues-shouter Joe Turner, der wie Pete Johnson aus Kansas City stammte. Das Ende der 1930er-Jahre war die beste Zeit in Al’s Leben. 1941 entstanden sehr bemerkenswerte Aufnahmen mit Pete Johnson (Boogie Woogie Man, Barrel House Boogie, Cuttin’ The Boogie, Foot Pedal Boogie, Sixth Avenue Express, …). Im gleichen Jahr spielte Ammons sich selbst in dem Kurzfilm Boogie-Woogie Dream mit Lena Horne, Pete Johnson und Teddy Wilson mit seinem Orchester:
Albert Ammons wird von vielen als der beste Boogiepianist aller Zeiten betrachtet, auf jeden Fall war er einer der ideenreichsten und dynamischsten. Er war ein exzellenter Boogiepianist, der genau so gut auch andere Stile wie ein sehr wirkungsvolles Stridepiano spielen konnte. Zweifellos war es für ihn von Vorteil Linkshänder zu sein.
In den frühen 1940er-Jahren verschlechterte sich seine gesundheitliche Situation. Zuerst erkrankte er an Lungenentzündung, danach fügte er sich während der Zubereitung eines Sandwichs mit einem Messer eine Schnittverletzung zu. Es dauerte eine Weile, bis er wieder auftreten konnte. Darauf folgte ein Zusammenbruch, wahrscheinlich verursacht durch zu viel Arbeit und zu großen Alkoholkonsum. Trotz seiner gesundheitlichen Schwierigkeiten tourte er weiter mit Pete Johnson quer durchs Land. Erst 1944 kehrte er wieder ins Aufnahmestudio zurück. Die Session für Commodore Records zeigte, dass seine Musik in der Zwischenzeit rhythmisch komplexer geworden war (The Boogie Rocks, Albert’s Special Boogie, Bugle Boogie, Reveille Boogie, ...). Nur wenig später folgten die spektakulären Aufnahmen im Duett mit Pete Johnson in Hollywood (St. Louis Blues, Lady Be Good, Sheik Of Araby, ...).
Zu jener Zeit war die Beziehung zwischen Hattie Mae Young und Albert längst perfekt. Wahrscheinlich hatte er die junge und attraktive Dame Mitte der 1930er-Jahre kennen gelernt. Auftritte, Konzertreisen und längere Abwesenheiten von zuhause – Ammons entfernte sich immer mehr von seiner Familie. Aber Hattie war frei um Al zu begleiten. Sie verehrte ihn überaus und war auf jeden in seiner Umgebung sehr eifersüchtig. Schritt für Schritt wob sie einen Kokon um sich und Al und grenzte dabei seine Familie aus.
Mit dem Ende des 2. Weltkriegs schien die Ära des Boogie Woogie Vergangenheit zu sein. Ammons und Johnson spielten nie wieder im Café Society. 1945 ließ sich Ammons wieder in seiner Heimatstadt Chicago nieder. Erholt von intensivem Alkoholkonsum begann er mit seinen “Rhythm Kings” die bekannte Aufnahmeserie für Mercury (Oh, Lady Be Good!, Swanee River Boogie, The Sheik Of Araby, Roses Of Picardy, …) – Bestseller. Zu dieser Zeit wurde sein Sohn Gene – mittlerweile eine lokale Sensation auf dem Saxophon und auf dem Weg zu einem weltbekannten Musiker – für die nächsten Aufnahmen (St. Louis Blues, Shufflin’ The Boogie, Hiroshima und S.P. Blues) Mitglied der “Rhythm Kings”.
mit Elliot Paul
Im Januar 1949 waren Ammons und Elliot Paul – ein bekannter intellektueller Schriftsteller, Klavierschüler von Ammons und dessen Freund – eingeladen, während der Inaugorationfeier von Präsident Harry S. Truman im Duett zu spielen. Danach wurde Ammons Mitglied in Lionel Hamptons Orchester. Wenig später starb der führende Boogiepianist im Alter von nur 42 Jahren am 2. Dezember 1949 an Herzversagen.